Mittwoch, 16. April 2008

Das Private ist politisch




Der Spruch der heute viel geschmähten 68er ist eben doch wahr. Das Private ist politisch und das Politische privat – dies nicht mit moralisch erhobenem Zeigefinger postuliert, sondern als einfache pragmatische Erfahrungstatsache. Das Private im Kleinen wirkt auf das Politische im Grossen, unsere Handlungen können, sobald sie andere betreffen, gar nicht anders als eine letztlich politische Wirkung haben, im Guten wie im Schlechten. Anderseits wird auch die hohe Politik genau so wie unsere kleine Privatheit vom Menschlich-Allzumenschlichen geprägt, von Intrigen und Eitelkeiten, Machtbesessenheit und Gier, Pose und Rhetorik, gutem Willen und grossen Ankündigungen, Gestaltungswillen und Gestaltungsohnmacht, das Private ist politisch und das Politische das Drama des Alltäglichen. Und dieses ist gekennzeichnet durch die Widersprüchlichkeit, die grosse Konstante der menschlichen Existenz. So ist es durchaus möglich, das ein knallharter Neoliberaler «privat» eine selbstlose, altruistische Ader hat und der Wähler (oder Vertreter) einer fremdenfeindlichen Partei eine Frau aus Brasilien oder Thailand oder der Grüne einen heimlichen Offroader in der Garage oder einen heimlichen Heizpilz auf dem Balkon. Und neuerdings wird beides, das Politische wie das Private, immer mehr zum blossen Marketing: Eine Partei positioniert sich, weil sie sich (für Wähleranteile) verkaufen will, genauso wie der einzelne Mensch auf dem Beziehungsmarkt und auf dem Arbeitsmarkt sich selbst (seine eigene Ich-AG) möglichst geschickt, will heissen, mittels möglichst geschicktem Marketing, vermarkten muss, wenn sie oder er Erfolg haben will. In diesem Sinn, liebe Leserin, lieber Leser, mein Tipp für den heutigen Tag: Positionieren Sie sich wohl – und glauben Sie nicht alles, was in der Zeitung steht.

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