Freitag, 29. Februar 2008

Hotel «The Doors» – Interview mit dem Hotelmanager Jack Wolf (Interview 2)




Globel Events: Jack Wolf, welche Idee, welches Konzept stecken hinter Ihrem Hotel?

Jack Wolf: «The Doors» ist mehr als ein Hotel. Ins «Doors» kommt man nicht primär, um zu übernachten. Ein klassisches Hotel dient als Mittel zu Zweck, es ermöglicht den Besuch einer interessanten Stadt oder einer spektakulären Landschaft, es ist Ausgangspunkt für Erlebnisse und Ausflüge. Das «Doors» hingegen ist selbst das Ziel und das Erlebnis. Das Wesentliche eines Urlaubs im «Doors» ist der Aufenthalt in diesem so genannten Hotel, das aber in Wirklichkeit Türen öffnet in ungeahnte Erlebniswelten.

Globel Events: Wie kam es zum Namen Ihres Hotels, das mehr sein will als ein Hotel, und welche Bedeutung hat dieser Name für das Konzept Ihres Hauses?

Jack Wolf: Wie ich schon gesagt habe, ist das Hotel selbst das Eingangstor in eine Welt, in der sich Sein und Schein, Realität und Fantasie, Ernst und Spass vermischen oder vielmehr ununterscheidbar werden. Unser Haus ist das Eingangstor in eine «Twighlight Zone», in eine Sphäre der Zwielichtigkeit. Der Name selbst geht auf eine Rockband des letzten Jahrhunderts zurück. Vielleicht erinnern Sie sich an einige ihrer Titel? Riders on the Storm, Break on through to the other Side, Light my fire, Not to touch the earth, Alabama Song... Vor allem ihr Sänger, Jim Morrison, verstand sich ja als ein Bewohner des Grenzlandes zwischen den Welten, als den Eidechsenmann, der die Wurmlöcher zwischen den Universen gefunden haben will. Türen verbinden das Drinnen mit dem Draussen, das Vorher mit dem Nachher. Es ist übrigens interessant, dass die Rockband ihren Namen von einem Buch geliehen hat («The Doors of Perceptions», die Türen der Wahrnehmung, von Aldous Huxley, das wiederum von Erfahrungen mit den psychedelischen Drogen Meskalin und LSD handelt – übrigens auch heute noch sehr interessant zu lesen. Huxley wiederum spielt damit auf ein Zitat von William Blake an: «If the doors of perceptions were cleansed, everything would appear to man as it is, infinite.» Wenn die Pforten der Wahrnehmung gereinigt wären, würde dem Menschen alles so erscheinen, wie es ist, nämlich unendlich.

Globel Events: Was haben die Gäste denn konkret in Ihrem Haus zu erwarten? LSD-Tripps?

Jack Wolf: Sie haben nichts zu erwarten – und alles! Was in Dantes Inferno über dem Eingang zur Hölle steht, könnte auch über dem Eingangstor zum Hotel «The Doors» stehen: Lasst also, die ihr hineingehet, alle Hoffnung fahren! Dieses Eingangstor kann aber auch ins Paradies führen: das ist alles offen und hängt ganz allein vom Besuchenden – oder vielleicht auch vom Zufall – ab. Vielleicht erwartet sie auch ein LSD-Tripp – vielleicht, vielleicht. Oder jede andere Möglichkeit der Berauschung, der Ausschweifung und des Exzesses. Es ist aber auch möglich, dass die Gäste unseres Hauses von ziemlich brutalen – ich würde sagen: texanischen – Cops inhaftiert, verhört und möglicherweise sogar gefoltert werden. Wobei lange, vielleicht bis ans wie auch immer geartete Ende, offen bleiben wird, ob dies Teil einer Inszenierung ist oder bitterer Ernst. Wie gesagt: Wir pflegen im Hotel «The Doors» die Uneindeutigkeit und lassen die Sachverhalte gerne in der Schwebe. Alles ist letztlich der Interpretation unserer Gäste überlassen. Wenn sie zu dumm sind, sich einen intelligenten Reim auf die Ereignisse zu machen, können wir schliesslich auch nichts dafür. Auch nicht für ihre Leichtgläubigkeit oder ihren übertriebenen Skeptizismus. Eine Geld-zurück-Garantie gibt es in unserem Hotel jedenfalls nicht – wie es auch keine Zurück-Garantie auf irgendetwas gibt.

Global Events: Das klingt aber, sagen wir mal, nicht sehr kundenfreundlich. Gibt es denn überhaupt Gäste, die sich auf das doch ziemlich risikoreich klingende Abenteuer eines Aufenthalts in Ihrem Haus einlassen – und wenn ja, was für Menschen sind das?

Jack Wolf: Es klingt vielleicht unglaubwürdig: Aber die Leute sind gerade zu verrückt danach, ins «Doors» zu kommen. Und zwar jede mögliche Art von Menschen. Wir sind auf Jahrzehnte hinaus ausgebucht. Wir brauchen uns deshalb weder um Zielgruppen noch um Marketing zu kümmern. Es gibt eine Biographie über den erwähnten Jim Morrison mit dem Titel: «Keiner kommt hier lebend raus.» Jeder Mensch, den es auf diese Erde geschleudert hat, weiss es: Keiner kommt hier lebend raus. Und das könnte ebenfalls über dem Eingangstor unseres Hotels stehen: Keiner kommt hier lebend raus. Unsere Gäste wissen das, und deshalb wollen sie wissen, was hier wirklich geschieht. Vielleicht läuft unser Hotel aber auch deshalb so gut, weil den Leuten letztlich gar nichts anderes übrig bleibt, als uns eines Tages zu besuchen.

Global Events: Und erfahren Ihre Kunden während des Aufenthaltes in Ihrem Haus, was wirklich geschieht?

Jack Wolf: Das ist gut möglich. Die Reise ist ungewiss, nur das Ziel ist sicher, und wenn man so genau wissen würde, was unterwegs passiert, wäre das Ganze ja keine Überraschung mehr, oder? Nein, im Ernst – die Wirklichkeit ist doch definiert durch die Komplexität des Bewusstseins dessen, der mit ihr konfrontiert wird. Es gibt also nicht «die Wirklichkeit», sondern nur «meine eigene Wirklichkeit». Ich kann nun mal meinen Kopf nicht verlassen und beispielsweise in den Ihren schlüpfen, verehrter Interviewer. Deshalb hängt es von jedem eigenen Kunden selber ab, wie er den Aufenthalt in unserem Hotel erlebt und wie weit ihn seine Bewusstseinsreise dabei führt.
Aber verlassen wir diese eher theoretische Ebene nun wieder. Ein Aufenthalt im «Doors» ist durchaus auch mit Spass und Genuss und Unterhaltung vom Feinsten verbunden, und die Vergnügungen des Leibes kommen ebenso sehr zum Zug wie diejenigen des Geistes und der Seele. Auch dabei ist wiederum die individuelle Konstitution des Einzelnen entscheidend. Ein gänzlich humorloser Mensch wird seine Zeit in unserem Hotel natürlich ganz anders erleben als ein Spassvogel, und ein Asket wird ihn anders erleben als ein Gourmet oder auch ein Gourmand, wobei es durchaus sein kann, dass der Asket dabei seine geniesserische und der Geniesser seine asketische Seite entdeckt. Wie gesagt, im «Doors» ist alles möglich.

Und wie teuer kommt dieser ganze Spass den Kunden Ihres Hotels zu stehen?

Jack Wolf: Sagen wir es einmal so: Wir haben einkommensabhängige, gestaffelte Preise. Bei uns sind Arme und Reiche willkommen, und wir kennen keine Unterschiede der Haufarbe, der Kultur, des Alters, des Geschlechts oder der geschlechtlichen Präverenz. Sie sehen: unser Unternehmen basiert auf der Grundlage der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und des globalisierten Kapitalismus: Wir machen mit allen ein Geschäft, und jeder darf in seiner eigenen Währung bezahlen, und wer das, was er schuldig ist, nicht bezahlen kann, der muss seine Schuld eben abarbeiten – Gelegenheiten dazu gibt es genug im Hotel «The Doors». Aber eigentlich ist das auch gar nicht so wichtig, denn letztlich bezahlt jeder ohne Ausnahme den Preis für seinen Aufenthalt im «Hotel der Hotels» mit seinem Leben. Wir bezeichnen uns also in unseren Werbebroschüren nicht ganz zu Unrecht als «das ultimative Hotel» oder das «Hotel an sich» (auch wenn das, wie ich sehr wohl weiss, ein Widerspruch in sich selbst ist). Darf ich Sie jetzt zu einem Rundgang durch unsere Räumlichkeiten begleiten?

Global Event: Vielen Dank, Herr Wolf. Es ist uns eine grosse Ehre. In unserer nächsten Ausgabe können Sie die erste einer Serie von aussergewöhnlichen, reich bebilderten Reportagen aus dem «Doors»-Hotel lesen. Die Serie trägt den Übertitel «Menschen im Hotel».

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