Mittwoch, 13. Januar 2010

Glück, Zeit. Wasser. Fragen

Ein neues Jahr hat begonnen, sagt man, gar ein neues Jahrzehnt, was bedeutet, dass man sich mit der Zukunft konfrontiert zu werden bemüssigt fühlt, aber was heisst das? Es wäre einmal mehr nach dem Wesen der Zeit zu fragen, ein Unterfangen, das leicht ins Philosophischen hinabzugleiten oder auch hinaufzuflutschen droht, was einerseits daran liegt, dass diese Frage ein weites Feld ist und andererseits daran, dass man, wie beim Sprechen über die Liebe oder das Glück oder das Leben oder den Tod oder die Unermesslichkeit des Alls, beim Sprechen über all diese letzten Fragen also eigentlich nie so richtig weiss, worüber man spricht. Über Zeit zu spekulieren kommt mir ähnlich absurd vor wie es wohl dem Fisch vorkommen müsste, sich über das Wesen des Wassers den Kopf zu zerbrechen. Nun nehme ich nicht an, dass es einem Fisch in den Sinn kommen könnte, seinen nicht sehr zum Intellektuellen und Abstrakten tendierenden Fischkopf über das Wesen des Wassers zu zerbrechen, obwohl man auch das natürlich nicht sicher sagen kann, denn schliesslich gibt es ja offenbar auch viele sehr intelligente Fische wie Delphine und Wale, wobei ich mir da nicht sicher bin, ob das wirklich Fische sind. Mein an unzähligen Quizsendungen trainiertes Halbwissen sagt mir, dass Delphine und Wale Säugetiere sind, man spricht von Meerssäugern, nicht wahr, doch wäre das Bild, die Metapher von Meeressäugern, die sich über das Wesen des Wassers den Kopf zerbrechen, ja auch irgendwie überzeugend, resp. eben absurd, oder die Frage, ob absurd oder nicht, ebenso berechtigt. Dieser Schlenker von meinem eigentlichen Gegenstand, der Zeit, zu den Fischen resp. dem Wasser führt mich zum auch nicht das erste Mall gedachten Gedanken über die Unendlichkeit meines Nichtwissen, meiner fundamentalen Ungebildetheit. Je älter ich werde, desto mehr wird mir – wie Sokrates – bewusst, dass ich nichts weiss, und je älter ich werde, desto weniger Dinge erlebe ich rep. desto weniger Gedanken denke ich zum ersten Mal, das Leben neigt mit zunehmendem Alter zur Wiederholungsträchtigkeit, weshalb es auch nicht allzu sehr verwundern darf, dass mir immer öfter auffällt, wie wenig ich weiss. Eine Erkenntnis oder Einsicht, die einen deprimieren könnte, die mich aber seltsamerweise nicht deprimiert, sondern auf eine beinahe verzweifelte Weise beinahe fröhlich macht. Wobei es, kleine Klammerbemerkung, natürlich gar nicht stimmt, dass man in fortgeschrittenem Alter nichts mehr Neues erlebt, man erlebt sogar ganz dramatisch oder auch traumatisch Neues, zum Beispiel spätestens dann, wenn man stirbt. Vielleicht stirbt man sogar darum, weil man wieder einmal etwas Neues erleben möchte. Wobei man jetzt kleinkrämerisch und erbsenzählerisch und indiesuppespuckerisch resp. spielverderbend einwenden könnte, dass es in keinster Weise erwiesen sei, dass das Sterben etwas Einmaliges und damit Erstmaliges sei, man könnte mit den Millionen oder gar Milliarden, diesen Myriaden von Hindus und Buddhisten der Welt hinter dem Ofen oder dem Berg hervorkommen, die an die Wiedergeburt glauben, aber das wollen wir hier jetzt nicht tun, um die Sache nicht noch mehr zu verkomplizieren. Und obwohl wir in den letzten paar Minuten nicht schlecht auf den Assoziationen herumgesurft sind und unseren eigentlichen Gegenstand scheinbar oder anscheinend so ziemlich aus den Augen verloren haben, haben wir doch einiges zum Wesen der Zeit gedacht und nun auch ausgesprochen, wenn auch nicht sehr Präzises und schon gar nichts Naturwissenschaftliches, aber trotzdem, belassen wir es dabei.

Etwas anderes. «Glück» soll zum Schulfach werden. Ein besonderes Wahlfach soll den Aargauern Berufs- und Oberstufenschülern künftig die positiven Seiten des Lebens näher bringen: das Wahlfach «Glück». Dies fordern drei Grossräte der Grünen in einem Vorstoss vom Regierungsrat. Es gehe nicht um «Zuckerguss-Pädagogik». Der Umgang mit dem Glück sei jedoch eine Lebenskompetenz, die jungen Menschen vermittelt werden müsse, begründen sie ihr Anliegen. Glück sei eine «anspruchsvolle Angelegenheit». Bei Schülern und Lehrpersonen habe die Schule «immer weniger das Image eines Glückbringers». Wer glücklich sei, bringe in der Schule und am Arbeitsplatz eine höhere Leistung.

Glück als leistungssteigernde Droge? Und stimmt das: ist Glück eine «anspruchsvolle Angelegenheit»? Ist Glück lernbar? Oder anders gefragt: Ist ein Glück, das man lernen kann, noch Glück? Wenn ja, warum? Und wenn nein, warum nicht? Anregungen zur Beantwortung dieser schwierigen Fragen sind jederzeit willkommen.

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