Mittwoch, 13. Mai 2009
Der Tod eines Seebärs
Es war Samstagabend, der alte Seebär sass allein an seinem Tisch und schaute mit seinen wässrigen Augen in das Glas Rum, das vor ihm stand. Er runzelte sein ohnehin schon runzliges Ges icht noch mehr. Da war es ihm doch plötzlich, als würde er den Geruch des Rums zum ersten Mal riechen, wie ein unschuldiges Kind. Der Rum roch süss und scharf zugleich, der Rum roch stark! Er nahm einen Schluck, und obwohl es weiss Gott nicht der erste war an diesem Abend, musste er sich doch wundern. Der Schluck war erst leicht brennend in seinem Mund, dann rutschte er die Kehle runter und plumpste in den Bauch, wo er nun angenehm wärmend lag. Ha!, dachte der alte Seebär, was ist denn das? Das tut gut! Ich fühle mich so wohlgelaunt! Und das Holz der roh gezimmerten Tische leuchtet so warm im Licht der Lampen! Und das rauhe Lachen aus der Kehle der Wirtin klingt so angenehm! Bin ich denn etwa schon im Paradies?
Worauf sich plötzlich rings Geschrei und Aufregung bemerkbar machte. Denn es war erst das Haupt des Seebärs auf die Tischplatte geknallt, dann sein Körper in sich zusammengesunken und unter den Tisch gekippt.
Was nun nicht heissen will, dass der alte Seebär sinnlos betrunken war. Er war nie sinnlos betrunken. Als man sich um ihn kümmern wollte, blieb nicht mehr viel zu tun. So wie ein Ding lag der Körper einfach da, das Leben aber ging, wie man sagt, unbeirrt weiter.
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