Montag, 20. April 2009

Bahnhöfe



Bahnhöfe

Bahnhöfe sind von besonderem Reiz:
Punkte eines Netzes, das sich über die Erde legt.
Schauplätze flüchtiger Begegnungen,
Orte des Kommen und Gehns.
Ich liebe Bahnhöfe. Sie sind
Stationen der Sehnsucht, sind Überall und Nirgendwo.

Ich bin in Bahnhöfen aufgewachsen,
Kleinen nur, unbedeutenden ohne klingende Namen,
Doch verbunden mit aller Welt.
Am gleissenden Schienenstrang entlang
Hangelte sich meine Fantasie: bis Istanbul
Und weiter, ins Morgenland und darüber hinaus.

Bahnhöfe sind auch traurige Orte.
Bahnhöfe sind die Heimat der Heimatlosen.
Bahnhöfe sind unsichere Zufluchtsorte
Für jene Angekommenen, die niemand willkommen heisst.
In Bahnhöfen riecht es nach Angst und Bier,
Nach Eisen, Erbrochenem und Parfum.

Unter dem Bahnhof ist auch die Heimat jener Jünglinge,
Deren Hunger im Herzen sitzt. Der ist stärker
Als der Ekel in den Augenwinkeln und um den Mund,
Den sie sich nicht küssen lassen, den nicht.
Auch die Freier sind hungrig, unbestimmt
Ist ihre lauernde Sehnsucht. Und keiner weiss,
Wer hier Jäger ist, wer Wild.

Lautsprecherstimmen verkünden Uster, Winterthur,
Paris, München und Rom. Müde Heimkehr,
Hoffnung auf Abenteuer am Ende der Nacht.
Kofferschleppen und Hast. Eile und Langeweile.
Ein Film, der nie zuende ist. Nur etwas langsamer läuft
Zwischen Mitternacht und halb vier.

Keine Kommentare: