Donnerstag, 25. September 2008

Früher und heute (II)



"Wenn ich ins Kino will und sage, ich habe kein Geld, dann darf ich nicht ins Kino. Weil es niemanden gibt, der ohne Geld ins Kino gehen will. Es gibt zu jeder Zeit Dinge, die man aussschliessen kann. Früher durfte man zum Beispiel die Vorstellung ausschliessen, ein Mensch könne fliegen, oder, die Erde sei rund. Heute darf man die Idee ausschliessen, es gäbe Menschen, die ohne Geld ins Kino wollen. So verschieben sich die Unmöglichkeiten.
So wie heute niemand mehr grosse Löcher in den Zähnen hat, wo Spinat drin steckt.
Früher hatte man grosse Löcher mit Spinat. Heute nicht mehr. Weil wir versichert sind gegen grosse Löcher mit Spinat.
Die ganze Zahnlosigkeit ist heute aufgehoben. Soll es einer wagen, ohne Zähne in einer Stadt herumzulaufen. Im Emmental mag das angehen. Dort darf man ja auch noch schwerhörig sein, oder mit einer abgefrorenen Nase Milch verkaufen. Aber nicht in der
Stadt. Selbstverwahrlosung ist strafbar, weil es an Unmögliches erinnert, und 'Unmöglich' ist ein Lästerwort. Mir soll einer kommen mit einem Grind. Den werde ich schleunigst da hinschicken, wo er hingehört. Das heisst, ich weiss nicht, wo er hingehört, aber mein nächster Polizist wüsste das."
(aus: Matthias Zschokke: Max)

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