Sonntag, 21. September 2008
Früher war alles...
...gleich wie heute und doch ganz anders. Das Hotel Dolder hiess früher zum Beispiel einfach "Grandhotel Dolder", während es sich heute viel moderner oder postmoderner und vor allem viel englischer "The Dolder Grand" nennt. "Im Dolder Grand spielt Dollar Brand", könnte Felix da dichten, nur würde das wahrscheinlich kaum einen Sinn machen, weil 1. Dollar Brand heute kaum mehr jemand kennt und weil 2. der in die Jahre gekommene afrikanische Pianist und Komponist sich seit längerer Zeit Abdullah Ibrahim nennt. Seine Musik ist übrigens, nebenbei gesagt, immer noch ein Ohr voll wert.
Ja, die heutige Zeit, wie soll Felix sie beschreiben? Sie zeichnet sich, wie übrigens alle Zeiten davor oder danach, durch ihren Materialismus aus. Geld regiert die Welt, jawoll. Aber welches Geld? Ist Geld überhaupt real? Woher kommt zum Beispiel das Geld, welches die US-Regierung dem maroden Bankensystem unterbuttert? Wieviele Milliarden waren es schon wieder - 700 Millarden oder 7000 Milliarden? Wo hat die US-Regierung dieses Geld gefunden? Und wem muss sie es irgendwann wieder zurückzahlen? Wer schuldet wem Geld - und warum? Was ist Geld überhaupt?
Hand aufs Herz - bei dieser Subprime-Krise: Blicken Sie da durch? Felix hat gestern Abend eine Diskussionssendung im Fernsehen zu verfolgen versucht, musste aber schliesslich kapitulieren - er hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was ihm da hätte erklärt werden sollen. Irgendwann hatte er das unheimlich Gefühl, dass die Befrager - zwei Journalisten der NZZ - und der Befragte - ein Privatbanker und Spezialist (Mitglied des Bankrates), Konrad Hummler hiess er, glaube ich - genauso wenig eine Ahnung hatten, wovon sie sprachen, wie ich verstand, was sie sagen wollten.
Und wie war das schon wieder? Der Markt wird es schon richten, hiess es doch die ganze Zeit. Dieses neoliberale Gerede, wie lässt es sich mit den abstrakten ominösen 700 oder 7000 Milliarden Dollar vereinbaren, von denen ich weiter oben sprach? Die unsichtbare Hand des Marktes - ein Gespenst?
Die Natur des Menschen ist immer noch dieselbe wie schon immer - insofern haben sich die Zeiten nicht geändert. Kürzlich wurde das Milgram-Experiment wiederholt, in welchem Menschen andere Menschen auf "wissenschaftlichen Befehl" mittels Stromstössen "bestrafen" mussten oder vielleicht auch durften. Die meisten haben es wiederum getan. Nur scheint es heutzutage immer mehr in Mode zu kommen, dass man vor allem die Opfer (und die "Gutmenschen") als die "Bösen" definiert - während die Zyniker, die gerissenen Erfolgstypen, die schlauen Machtmenschen und die hemmunglosen Egoisten zu Vorbildern erklärt werden (eine schon fast karikierende Darstellung hat dieser Menschentyp im Roman "American Psycho" von Bret Easton Ellis gefunden. In Abwandlung der Darwinschen Losung "Survival of the fittest" müsste man dann davon sprechen, dass heute nur noch die Rücksichtslosesten eine Überlebenschance haben.
Kein Wunder, dass Jugendliche sich da in Jugendszenen gegen die Erwachsenen verbünden("Emos"),in denen die Empfindsamkeit, die Trauer, der Weltschmerz und das Dasein eines Loosers lustvoll inszeniert wird.
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