Freitag, 21. März 2008
Der einsame Buchstabe
Es war einmal ein einsamer Buchstabe, der in den Zeiten von Napoleons Russlandfeldzug in den kargen Weiten sibirischer Steppen einfach vergessen wurde und seither in der unzivilisierten Natur des Nordens herumirrt. Es war ein französischer Buchstabe, wohlgesprochen, ein Buchstabe, der in den Wörtern der feinsten Pariser Salons verkehrt hatte, und das schon vor der Revolution. Er war durch die süsse Kehle der Marie Antoinette gegangen, in einem Rokokoschlösschen. Molière hatte ihn auf die Bühne gebracht, der Papst ihn urbi et orbi unter die christliche Menschheit verbreitet. Und jetzt? So allein, so allein! Seit Jahrzehnten, Jahrhunderten allein. Nur einmal hatte er sich in den Mund eines besoffenen russischen Bauern verirrt, der ihn aber alsogleich mit einem wüsten Fluch wieder in die Verbannung hinausbefördert hatte.
Was beweist, dass manchen einsamen Buchstaben nichts weiter fehlt als ein gutes Wort.
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