Freitag, 20. Juni 2008
1995
Finnland, Österreich und Schweden treten der Europäischen Union bei, die jetzt 15 Staaten umfasst. Beginn der türkischen Offensive gegen die nordirakische kurdische PKK. Im jugoslawischen Bürgerkrieg bilden die UN-Truppen eine Schnelle Eingreiftruppe zum Schutz der eigenen Soldaten, die zeitweise von den Serben als lebende Schutzschilder in Geiselhaft benutzt werden. Nach verschiedenen serbischen Überfällen auf UN-Schutzzonen löst ein Granatenangriff auf den Markt von Sarajewo die bis dahin schwersten Bombenangriffe der Nato gegen serbische Stellungen aus. Sie führen zu serbischer Verhandlungsbereitschaft. Am 21. November wird der durch den US-Amerikaner Richard C. Holbrooke mühevoll ausgehandelte Friedensvertrag für Bosnien-Herzegowina im amerikanischen Dayton unterzeichnet. Er beendet den seit 1991 ausgetragenen Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien.
Der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern wird schwer gestört: Ein palästinensisches Selbstmordkommando verübt nördlich von Tel Aviv ein Bombenattentat auf einen Busbahnhof. Der israelische Regierungschef Yitzhak Rabin fällt während einer Friedenskundgebung einem Attentat eines israelischen Extremisten zum Opfer. Zuvor konnte er noch mit Yasser Arafat den Truppenabzug Israels aus dem Westjordanland vereinbaren.
In 7 der 15 Staaten der EU fallen die Grenzschranken. Die Regelung gilt für die «Schengen-Staaten» (nach dem Abkommen im gleichnamigen luxemburgischen Ort von 1985) Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Portugal und Spanien. Die Auseinandersetzungen zwischen der algerischen Militärregierung und den islamischen Fundamentalisten nehmen zu. Ein tschetschenisches Kommando erzwingt mit der Geiselnahme eines ganzen Hospitals in der russischen Stadt Budjonnowsk die Aufnahme von Friedensgesprächen zwischen Russland und Tschetschenien.
In Oklahoma-City zerstören amerikanische Rechtsextremisten ein Hochhaus mit einer Autobombe; dabei kommen 168 Leute um. In Frankreich tritt Jaques Chirac die Nachfolge des zurückgetretenen schwerkranken Francois Mitterand an. Chirac verantwortet die neuerlichen Atombombentests in Mururoa und die vorübergehende Aussetzung des Schengener Abkommens über den freien Grenzverkehr, als Frankreich unter einer Serie von Bombenanschlägen zu leiden hat. In Polen muss Lech Walesa zugunsten des Ex-Kommunisten Kwasniewski den Präsidentensessel räumen. US-Präsident Clinton macht sich zum Initiator einer Friedensinitiative für Nordirland.
In Peking wird die Vierte Weltfrauenkonferenz der UNO abgehalten, auf der auch Amerikas «First Lady» Hillary Clinton Position für mehr Rechte der Frauen bezieht. Sowohl historisch als auch statistisch gesehen sei die Welt dort friedlicher, wo Frauen an der Macht seien. Ein schweres Erdbeben zerstört grosse Bereiche der japanischen Stadt Kobe und fordert weit über 5000 Tote; es wären weit mehr geworden, wenn das Beben nicht zu nachtschlafender Zeit kurz vor sechs Uhr in der Früh stattgefunden hätte (Jahre später wird Felix das Buch «Nach dem Beben» von Haruki Murakami lesen und von der Lektüre begeistert sein). Weit über 2000 Opfer fordert ein Beben auf der russischen Insel Sachalin. Umweltschützer verhindern erfolgreich, dass der Shell-Konzern die nutzlos gewordene Bohrinsel «Brent Spar» durch einfaches Versenken entsorgt. Nicht verhindert werden können dagegen acht Atomwaffentests der Franzosen auf dem ohnehin schon reichlich zerbombten polynesischen Mururoa-Atoll.
Im Juni dockt in einem ersten gemeinsamen Raumfahrtprogramm seit 1975 das amerikanische Shuttle «Atlantis» bei einer Umlaufgeschwindigkeit von 28150 Stundenkilometern handgesteuert an die russische Raumstation «Mir» an. An Bord der Kombination befinden sich jetzt fünf Tage lang zehn Astronauten. 660 km südlich von Kairo wird im «Tal der Könige» durch den amerikanischen Archäologen Kent Weeks die bislang grösste Grabstätte ägyptischer Pharaonen entdeckt. Die 67 Grabkammern der Prinzen waren vermutlich für 50 Söhne des 1224 v.Chr. gestorbenen 90-jährigen Ramses II. bestimmt. Weeks vermutet weitere 100 Grabkammern in einem noch nicht entdeckten Untergeschoss der Fundstätte. Nach mehrfachen Terminänderungen startet Microsoft die weltweite Vermarktung des Betriebssystems «Windows 95».
Unter anderem gehen 1995 die folgenden Alben in die Geschichte der populären Musik ein: «Tekkno Is Cool 1» von die Schlümpfe und «Lieder, die die Welt nicht braucht» von «Die Doofen». Ein Hit dieses Albums lautet schlicht: «Mief!». Braucht die Welt nicht, stimmt. Gibt es aber trotzdem. Wird es immer geben. Wahrscheinlich. Es sterben 1995 die Krimiautorin Patricia Highsmith, der Schriftsteller Michael Ende, der Rennfahrer Juan Manuel Fangio, der ehemalige DDR-Spion Günter Guillaume und der ehemalige somalische Diktator Mohammed Siad Barre.
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