Donnerstag, 8. Mai 2008

24 Gramm Sternenstaub



Es wird behauptet, das Universum sei vor 15 Milliarden Jahren entstanden; ob das stimmt oder nicht, sei dahingestellt, es spielt aber keine Rolle, auf ein paar Jährchen mehr oder weniger kommt es uns bei dieser gewaltigen Menge Zeit wirklich nicht an, da sind wir grosszügig. 15 Milliarden Jahre, wer kann sich das schon vorstellen? Da kann man gleich von Ewigkeit sprechen. Die Frage, was denn vor diesen 15 Milliarden Jahren war, also in der Vorvergangenheit gewissermassen, wollen wir in diesem Zusammenhang noch nicht einmal stellen. Der Stern, den wir die Sonne nennen, soll einer von 400 Milliarden Sternen allein in unserer Milchstrasse sein, und die wiederum soll eine unter vielleicht Milliarden von Galaxien im uns – ach ja, was heisst schon uns? Also wir persönlich sind da nicht mitgemeint – bekannten und unbekannten Universum sein. Die Erde entstand aus der Urmaterie des Sonnennebels ungefähr 4,6 Milliarden Jahren vor 1968, ein Umstand, der auf dem legendären Woodstock-Festival im Song «Woodstock», geschrieben von der unsäglichen Joni Mitchell, vorgetragen von der Band «Crosby, Stills, Nash and Young», mit folgenden Versen poetisch verklärt wurde: «We are stardust, we are golden/We are billion year old carbon/And we got to get ourselves back to the garden.» (Wobei es ja schon erlaubt sein soll, sich zu fragen, was denn so erhebend an der Vorstellung sei, Jahrmilliarden alter Kohlenstoff zu sein.) Etwa zehn Milliarden Jahre verflossen also vor der Entstehung der Sonne und der Planeten. Da kann einiges passiert sein, obwohl die Zeit damals, glauben wir den Vorstellungen unserer Wissenschaftler, doch eher gemächlich verflossen sein muss. Wenn es denn Zeit damals überhaupt schon gab. Kann man von Zeit sprechen, wenn niemand sie zählt und empfindet, keine Uhr, kein menschliches Gefühl? Während der ersten paar Millionen Jahre wurde die neugeschaffene Erde vom Planetenschutt, um es etwas despektierlich zu bezeichnen, der von der Entstehung des Sonnensystems her übrig geblieben war, ständig bombardiert, so behaupten es jedenfalls unsere Wissenschaftler; die sogenannten Kreationisten würden natürlich heftig widersprechen, aber das sei hier lediglich am Rand vermerkt. Für mehr als 500 Millionen Jahre war die Erde – aus Menschensicht gesprochen – bloss ein wüster, steriler Planet ohne jede Form von Leben. Nachdem die erwähnten Einschläge vor etwa vier Milliarden Jahren nachliessen, verdickte sich die Atmosphäre aufgrund von uns nicht und vielleicht von niemandem ganz verstandener Naturgesetze, bildeten sich die Ozeane und erste Lebensformen entstanden. Wir glauben uns zu erinnern, in diesem Zusammenhang das schöne Wort «Ursuppe» gehört zu haben, das es auch verdient hätte, 1968 in Woodstock besungen zu werden (wobei «Ursuppe» auf Englisch – etwa: Primeval Soup – natürlich nicht so toll klingt); hoffentlich wird von dieser Ursuppe noch manches Poetenhirn besoffen.
Das Leben auf der Erde begann vor etwa 3,5 Milliarden Jahren, als der erste einzellige Mikroorganismus Energie aufzunehmen, zu wachsen und sich zu vermehren begann (der erste einzellige Mikroorganismus hatte natürlich noch keine Bezeichnung, aber heute würde er sicher zu einem Medienstar mit putzigem Namen wie Gesine oder Kunigunde in der deutschen Presse und Sergej oder Iwanowa zum Beispiel in russischen Zeitungen; das ist gar nicht so absurd, wie Sie jetzt glauben, schliesslich haben bei uns sogar Hochs und Tiefs ihre Namen). Für die ersten drei Millionen Jahre der biologischen Evolution waren alle Lebensformen auf der Erde mikroskopisch klein. Im Kambrium, der ältesten Stufe des Paläozoikums, vor 545 Millionen Jährchen (plus minus ein paar zerquetschten) fand gewissermassen der «biologische Urknall», den ich mir als eine Art explodierende kosmische Knalltüte vorstelle, auf der Erde statt. Während dieser Zeitperiode entwickelten sich die meisten Hauptgruppen der existierenden Meerestiere.
Während der nächsten 500 Millionen Jahre wickelte sich auf der Erde die Evolution des Lebens ab (wie gesagt, die Kreationisten würden widersprechen) von den Mikroorganismen über die wirbellosen Tiere zu Wirbeltieren, Fischen, Amphibien, Reptilien, Dinosauriern und schliesslich, vor etwa 50 Millionen Jahren, zu den Säugetieren. Der Untergang der Dinosaurier vor etwa 65 Millionen Jahren, eventuell hervorgerufen durch den Einschlag eines Kometen oder Asteroiden, schuf ein gutes Umfeld für die rasche Entwicklung vieler Arten von Säugetieren – des einen Freud war schon immer des anderen Leid.
Während der letzten paar Millionen Jahre formte das Programm der Evolution die Primaten aus kleinen, nagetierähnlichen Kreaturen über die Hominiden, den Austrealopithecus, den Homo habilis, den Homo erectus und den Neanderthaler bis hin zum archaischen Homo sapiens und schliesslich zum modernen Menschen von heute. Ja, wir Menschen sind Tiere, auch wenn wir letzthin dem schönen Bild begegnet sind, das den Menschen mit einer Sandburg vergleicht, die zwar wie alles am Strand um sie herum aus Sand sei, aber sich dadurch davon abhebe, nur Sand zu sein, dass sie eine Idee verkörpere oder so. Wobei wir das so verstanden haben, dass der «Sand» das biologische Material sei und die «Idee» der «göttliche Funke» im Menschen oder so. Wahrscheinlich ist das aber auch nur wieder arrogantes Menschengeschwafel. Ob wir nun Stardust sind oder die Krone der Schöpfung, who cares? Anyway, die menschliche Kultur entwickelte sich von der Steinzeit mit ihren Steinkeulen über Eisenspeere, Schwerter, Hellebarden, die Erfindung des Schwarzpulvers bis hin zu unseren zeitgenössischen ferngesteuerten Lenkwaffen.

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